M itten in der Nacht wache ich auf. Es regnet. Nein, es schüttet! Nicht nur draußen, auch im Zelt (okay, da schüttet es nicht – es tropft) Wir schließen sämtliche Fensterlücken und wickeln unsre Fotoapparate in die Überdecken. Als wir früh aufwachen, schüttet es immer noch. Game Drive? Nein danke! Aber leider auch kein Frühstück – denn die Terrasse ist auch nass. Und die ist ja gleichzeitig die Küche.... Das heißt wohl, noch mal Muggs & Beans...Bähhh.... und da führt kein Weg dran vorbei: während ich Frühstück für überbewertet halte, wird Chris unleidig, wenn er morgens nichts zum Essen bekommt.
Natürlich sind wir nicht die einzigen, die auf die Idee kommen im Restaurant zu frühstücken (andere Küchen sind wohl auch überschwemmt). Das Omlette ist sogar okay. Allerdings sind wir geschockt vom Sabie. Gefühlt ist er inzwischen doppelt so breit. Ja, es regnet stark und schon seit Stunden, aber das kann doch eigentlich nicht sein.
Als wir uns auf den Weg machen, sehen wir nach ein paar km Autos. Jede Menge Autos. Und Menschen auf der Fahrbahn. Ein Fahrzeug wendet, kommt uns entgegen und wir verstehen sowas wie „Bridge is broken, Whirlpool on the brigde – you can cross it on your own risk. I wouldn’t do that“. Unter „Whirloppl on the bridge“ kann ich mir nichts vorstellen. Das will ich sehen und selbst beurteilen. Wir schleichen weiter und da einige Fahrzeuge abdrehen sind wir bald in der Pool Position. Wir sehen die N’watimhiri Brücke, die komplett vom Fluss überschwemmt wird. Doch woher kommt eigentlich der Fluss??? Hier ist doch eigentlich nichts außer (ausgetrockneten) Flussbetten und dem Sabie...Wir sind erst gestern hier entlanggefahren. Unsere Überlegungen werden von einem Ranger unterbrochen, der die Leute zurück in Ihre Autos treibt und vorsichtig die Brücke überquert – und wieder zurückkommt. Das Ganze sieht nicht geheuer aus.... Er spricht mit den einzelnen Fahrern und rät uns noch zu warten, bis das Wasser nicht mehr ganz so heftig über die Brücke fließt.
Chris ist sich nicht sicher, ob er es überhaupt wagen soll. Weil wir keinen Landy haben, sondern nur den „Ford Ecco irgendwas“. Wenn der das Wasser nicht verträgt, dann haben wir ganz sicher ein Problem. Und zwar mit dem Autovermieter. Also warten wir. Die Alternative wären 70 km Umweg – und auch da wissen wir nicht, was uns auf dem Weg erwartet. Neben uns steht eine verzweifelte Frau, die dem Ranger sagt, dass sie auf keinen Fall da drüberfährt, weil sie Angst hat. Der Ranger treibt einen Fahrer auf, der wohl auch im Park arbeitet und der setzt sich in das Auto der Dame und fährt es rüber. Chris beschließt, dass das Auto ungefähr die gleiche Höhe hat wie unseres und fährt hinterher. Geschafft!
Auf dem Weg sehen wir noch weitere Flüsse, die am Vortag definitiv nicht da waren. Offenbar ist der Boden so ausgetrocknet, dass das Wasser nicht versickert, sondern über den trockenen Boden fließt. Das erklärt die vielen Flussbetten, die sich offensichtlich sehr schnell füllen (und wahrscheinlich wieder ebenso schnell wieder verschwinden). Unfassbar, wie schnell sich hier alles ändert. Auch wenn es für uns sicher nicht angenehm war (und auch wenn ich den Satz „die Natur braucht den Regen“ nicht mehr hören kann), so ist dieses Wetter für den Kruger Nationalpark ein Segen. Die letzten beiden Jahre waren zu trocken und in dieser Nacht kamen 100 mm/qm runter.
Wir machen eine Pause in Skukuza und auch hier bestaunen wir die (neuen) Ausmaße des Sabie Rivers. Auf dem Weg nach Pretoriuskop kommen wir durch die Landschaft der vielen Koppies. Und Autos. Da muss doch was sein... Wir fragen nach. Auf einem Stein, recht weit oben liegt zwar nicht der erhoffte Caracal – aber ein Leopard! Wir sind fassungslos. Es ist wie bei dem Deutschland – Brasilien Spiel (WM 2014). Das erste Tor war der Hammer und ab dann konnte man es nicht mehr glauben... So geht es uns diesmal mit den Leos! Wir fotografieren und warten. Über eine Stunde. Aber er bewegt sich kaum. Und als er sich endlich bewegt, dann springt er auf der anderen Seite der Felsen runter. Das war’s!
Etwas weiter sehen wir eine Hyäne mit zwei Cups. Und auf der Straße endlich das ersehnte Chamäleon! Und wieder etwas weiter den nächsten Leo. Im Baum. Wahnsinn....
Endlich in Pretoriuskop, klappt das mit dem Check in sehr schnell. Die Lady an der Rezeption ist unheimlich freundlich. Unsere Hütte (Nr 5) ist wesentlich moderner und größer als die beiden letzten Unterkünfte (Satara und Lower Sabie). Vor allem, sie riecht nicht so aufdringlich an dem Sanparks Putzzeug. Und die Küche ist super ausgestattet. Von den guten Häusern gibt es offenbar nicht allzu viele. Wir hatten Glück! Nach der letzten Nacht sind wir froh, im trockenen zu schlafen....
O
h nee... es regnet immer noch! Unser letzter ganzer Tag im Kruger könnte doch ein bisschen schöner werden... Mist. Kaum verlassen wir die Hütte, ist klar: es ist nicht nur nass sondern auch kalt. 18 Grad – vorgestern waren es noch 37 Grad... Bäh! Wir fahren eine der wenigen Pisten, die nicht (aufgrund des Wetters) gesperrt ist: die alte Vortrekker Road.
Die Landschaft ist sicherlich traumhaft. Nur sehen wir durch Regen und leichte Nebelschwaden nicht allzu viel davon. Immerhin werden wir mit Hyänen und deren Puppies belohnt. Die sind wirklich bezaubernd. Etwas weiter hält uns ein Fahrer an und berichtet, dass hier vor 5 Minuten ein Rudel Wild Dogs vorbei gezogen ist. Vielleicht hätten wir ja Glück... Wir warten. Wir suchen. Wir haben diesmal kein Glück.
Auf dem Rückweg sehen wir auf einmal jede Menge Autos. Und Safariwagen. Und einen Bus (von der Etosha kennen wir diese Busse ja schon, im Kruger begegnen sie uns zum ersten Mal – und glücklicherweise auch nur hier unten im Süden). Der gesamte Fuhrpark drängelt sich um irgendwas. Was? Wir sehen nur Autos. Und fragen. Angeblich ein Löwe. Doch wo? Unsere Quelle weiß es auch nicht, sieht auch nur Autos. Wir schauen uns an: Nein, darauf haben wir keine Lust. Und fahren weiter.
Woher kommen die alle? Hmmm... heute ist Sonntag (und der letzte Ferientag). Außerdem sind wir nahe am Numbi Gate und am Malelane Gate – die nächsten Gates von Johannesburg bis Mbombela (Nelspruit). Und die Zahl der Tagesbesucher ist nicht mehr begrenzt. Das bekommen wir wohl heute zu spüren.
Zwei Jungs halten uns an und erzählen, dass grade ein Cheetah über die Straße gerannt sei. Wir suchen. Und sehen nichts. Heute ist offenbar nicht unser Tag. Also zurück ins Camp. Die vielen Autos, das Wetter und die erfolglosen Suchen haben uns mürb und hungrig gemacht. Zum Glück ist unsere Hütte wenigstens groß und schön.
Nach einer ausgiebigen Pause mit Lesen und Schlafen, gehen wir noch einmal zum Shop und weil wir schon da sind – zu Wimpys, um einen Kaffee zu trinken. Es regnet so leise vor sich hin und wir haben den Sonntag-Abend-Blues. Oder ist es der Urlaub-zu-Ende Blues?
Wir beschließen noch einen kurzen Game Drive. Der erste Loop gibt nicht viel her, denn das Gras ist hier viel zu hoch. Man müsste die Tiere schon stapeln, damit wir sie sehen. Also zurück auf die Straße. Da sehen wir recht schnell ein Chamäleon, dass ich in unendlicher Langsamkeit über die Straße bewegt. Chris stellt sich quer und macht den Warnblinker an, damit andere Autos das Tier nicht überfahren. Kurz darauf machen wir das gleiche Spiel mit einer kleinen Schildkröte.
Ein Stück weiter sehen wir zwei Hyänen mit Puppies. Offenbar in unterschiedlichen Alter – die einen recht jung, das andere mindestens 4 Monate alt (Tupfen). Nach einer Weile müssen wir zurück.
Wir liegen gut in der Zeit und haben noch fast eine Stunde bis das Gate schließt (18:30 Uhr). Denken wir. Denn wir habe nicht mit einem Elefanten auf der Straße gerechnet. Der hat Zeit – wir nicht. Er läuft (oder eher schlendert) langsam die Straße entlang. Davor übt sich schon ein Auto im langsamen Rückwärtsfahren. Der Ele biegt immer wieder ab (zu wenig um daran vorbei zu fahren), frisst. Alle in den Autos denken bestimmt das Gleiche: „ab mit Dir ins Dickicht“ Doch nach ein paar Bissen, entscheidet sich der Elefant doch lieber weiter die Straße entlang zu laufen. Inzwischen sind wir vier Autos, die das Spiel mitmachen. So langsam setzt die Dämmerung ein...
Das blöde Navi macht sich auch noch über uns lustig. Es zeigt an, dass wir es nie pünktlich zum Gate in Pretoriuskop schaffen. Das Spiel dauert eine halbe Stunde. Schlendern, fressen ins Dickicht schauen und dann doch wieder die Straßen entlang schlendern... Irgendwann setzt der erste Fahrer soweit zurück und platziert sein Auto hinter uns, so dass wir die Poleposition – also als erstes Auto vor dem Elefanten – haben. Super! Irgendwann nutzt Chris die Chance und fährt am Ele vorbei. Als die anderen sehen, dass der Ele uns nicht angreift, fahren sie hinterher. Da wir schon über der Zeit sind, gibt Chris Gas. Er hält sich nicht mehr an die vorgeschriebenen 50k/h. Und alle anderen "brettern" hinterher.
Das geht gut, bis wir auf der Straße auf eine Büffelherde treffen. Und auch die haben keinen Bock, Platz zu machen. Na toll. Chris fährt vorsichtig ran und langsam verziehen sich die Viecher. Als nächstes läuft eine Hyäne die Straße entlang. Mann, was ist denn heute los? Alle scheinen das Gleiche zu denken, keiner hält an, keiner zückt den Fotoapparat. Um 18:45 erreichen wir das Gate. Juhu, es ist noch offen! Der grimmig aussehende Wärter ist wenig an Chris’ Erklärung interessiert. Mir egal – wir sind „zuhause“.
Abends grillen wir zum letzten Mal unsere Boerewurst und ertränken unseren Abschiedsschmerz mit einer Flasche Nedernburg Pinotage.
D
ie Vögel zwitschern. Es regnet nicht. Die Sonne wagt sich raus. Wir packen zusammen (die gekauften Pfannen lassen wir da) und beschließen statt die 8k zum Numbi Gate das etwas weitere Phabeni Gate anzufahren. Wir wollen den Kruger noch nicht so schnell verlassen! Die Ferien sind vorbei, es sind kaum Autos unterwegs. Kruger so kennen wir dich!
Zum Abschied begegnen wir wieder einer Hyänen Familie und mehreren Herden Elefanten. In der Nähe, wo wir den ersten Leo gesichtet haben, tummelt sich eine große Herde mit Kälbern. Auf einmal sind sie ganz aufgeregt, trompeten durch die Gegend. Wir wollen wissen, warum. Chris sieht etwas unter einem Busch – das ist aber zu schnell. Und wir hören ein lautes Knurren. Kein Löwe. Der Leopard? Da wir nichts sehen, können wir nur vermuten... Mist! Das wäre ein geiles Abschiedsgeschenk geworden – aber wir dürfen uns nicht beschweren....
Als wir beim Phabeni Gate raus sind, lockt uns unser Navi erst mal in die Pampa... hab ich schon erwähnt, dass ich dieses Ding hasse? Ein sehr netter Mann hält neben uns, als wir verzweifelt in die Karten schauen und mit seiner Hilfe finden wir auch den Weg nach Graskop.
Je höher wir die Berge hoch fahren, desto nebliger wird es. In Graskop angekommen ist es ekelhaft grau und wir frieren... Und jetzt? Shoppen kommt nicht infrage: nach so vielen Afrika-Reisen hab ich den Kitsch entweder schon – oder will ich nicht. Erstmal was essen. Auch nach 8 Jahren ist ist auf „Harries Pancake“ Verlass: die sind immer noch großartig!
Etwas besser gelaunt schlägt Chris vor, doch zum Blyde River Canyon zu fahren. Da wir gestern schon viel Zeit in der Hütte verbracht haben, ist vielleicht Frieren am Canyon die bessere Alternative. Also los. Als wir ankommen hat sich der Nebel verzogen, Und offenbar auch die Touristen. Denn wir sind allein am 3. größten Canyon der Erde. Die Wolken reißen auf und wieder einmal bewundern wir das Phänomen und Schauspiel der Wetterkapriolen. Chris fotografiert. Ich setze mich auf einen Stein und will eigentlich die Landschaft genießen.
Eigentlich. Denn ich sehe wie unter dem nächsten Stein etwas verschwindet. Zu klein für einen Rock Dassie. Ratte? Sicherheitshalber ziehe ich meine Füße hoch. Und starre unter den Felsen vor mir. Auf einmal kommt eine Maus mit einer langen Nase vorsichtig raus. Und hinter mir höre ich Chris reden und stapfen. „Psssttttttt – bleib weg“. Aufgeregt verwackle ich die ersten Mausbilder... Denn – und jetzt muss ich ausholen – mein Bruder ist ein Tierkenner. Und ein passionierter Kruger Besucher. Aus Spaß hat er mir seine Wunschliste an Tiermotiven für den Kruger geappt. Und die ist ganz einfach: Caracal, Sable Antilope, Pangolin und ... ja und: Elefantenspitzmaus (Rüsselmaus)! Und Letztere sitzt vor mir. Also eher saß. Denn zack ist sie wieder unter dem Felsen verschwunden. Doch ich warte. Bewaffnet mit Chris’ Fotoapparat. Und Chris, der neben mir lauert. Inzwischen merkt das Mäuschen, dass wir ihm nichts tun und es kommt wieder raus. Die Freude wird jäh beendet, durch eine Gruppe Italiener, die laut stampfend auf unseren Felsen rumtrampeln. Das übersteigt dann auch die Toleranz der Maus und sie verschwindet.
Nach einer Weile, fahren wir zu unserer Unterkunft „Zur alten Mine“ in der Nähe von Graskop. Die Besitzer sind Deutsche und Rainer zeigt uns unsere Hütte, die Honeymoon Suite. Sie ist riesig und wirklich komfortabel ausgestattet. Wir sind im Paradies. Leider zu kurz!
Zum Abendessen gehen wir – auf Empfehlung von Rainer – in „House of Glass“. Es sieht sehr gemütlich aus. Wir warten brav, „to be seated“ und die Speisekarte ist voller lecker klingender Gerichte. Entgegen meines Hungers bestelle ich einen Starter (Schnecken in einen wunderbaren Knoblauchsoße / Chris. Oxtail Soup) und anschließend muss ich das traditionelle südafrikanische Gericht mit Papp, Boerewurst und Lamp Chops haben, währen Chris ganz international ein Rumpsteak bestellt. Das Essen mit sehr sehr lecker! Während wir drinnen schlemmen, wird es draußen immer nebliger. Dennoch gibt es einen Nachtisch für Chris und für mich ein zweites Glas Rotwein. Bei uns sind eben die Rollen klar verteilt... Der Wirt verspricht uns (vielleicht auch wegen des großzügigen Trinkgeldes?) noch besseres Wetter und wir verlassen gut satt und zufrieden die Location. The House of Glass in Graskop können wir definitiv weiterempfehlen.