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Petra – nichts für Weicheier

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Die Nabatäer waren keine Weicheier!

Heiß, staubig, uralt und stets mit einem latenten Geruch von Kamelmist umgeben, ist Petra einer der schönsten und erstaunlichsten Orte der Welt. Die rote Felsenstadt ist einfach magisch! Auch wenn sich die meisten Beschreibungen (zu recht) nur über die Faszination dieses Ortes auslassen, so gibt es doch ein paar Tipps (die nicht im Reiseführer stehen), die hilfreich sind, damit Petra noch mehr Spaß macht.


Der „Weg zum Weg“ - Erst abends zurück!

Die Nabatäer hatten im Sinn, ihre Stadt gut vor möglichen Eindringlingen zu schützen. Das heißt, der Weg nach Petra wurde beschwerlich gestaltet. Bevor man in die beeindruckende Felsenschlucht, den Siq kommt, wandert man ca. einen Kilometer durch Staub, Hitze und nicht die geringste Aussicht auf Schatten. Soweit okay, denn der Weg geht bergab. Allerdings gilt das nur für den Hinweg. Auf dem Rückweg geht es (logischerweise) immer bergauf. Wie die meisten anderen Touristen, haben wir diesen blöden, staubigen Teil völlig vergessen, als wir müde, voller neuer Eindrücke davorstehen. Natürlich in der Nachmittagshitze. Und die unterscheidet sich in Jordanien nicht im Geringsten von der Mittagshitze!

T ipp: Erst noch am Schatzhaus erholen, einen arabischen Kaffee trinken und ungefähr eine halbe Stunde vorm Schließen zurücklaufen (Zeiten am Eingang checken!). Dann ist der Weg zwar immer noch steil, aber längst nicht mehr so heiß. Richtig geil ist die ganz besondere Stimmung, weil um diese Zeit nur noch sehr wenige Touristen unterwegs sind.

 

Pferdekutschen-Ralley – wer ausweicht hat verloren

Spätestens seit Indiana Jones und der letzte Kreuzzug ist der 1,2 km lange Siq aller Welt bekannt. Die gigantische Schlucht mit den 70m hohen Felsen, die sich an einigen Stellen verengen, dunkel werden, sich dann plötzlich wieder öffnen, mit Sonnenlicht, das die Steine in unterschiedlichen Farbschattierungen leuchten lässt. Zwischendurch hat es tatsächlich immer mal wieder ein Baum geschafft, in den kargen Felsen zu überleben.

 

Die Mystik wird leider durch das Getrampel der anrückenden Pferdekutschen auf großformatigem Kopfsteinpflaster gestört. Denn alle, die nicht laufen wollen, können solch eine Kutsche bis zum Schatzhaus nehmen. Die Kutscher nerven schon beim Betreten des Geländes mit konsequentem „Horse Taxi“... im Siq bestrafen sie dann diejenigen, die entgegen ihrem „Rat“ doch laufen wollten, mit einer rasanten Fahrweise.

T ipp: Entweder man weicht aus (dann muss man ständig in Felsnischen springen) oder man kümmert sich nur wenig um die heranfahrenden Kutschen. Das heißt, man geht höchstens mal einen Schritt zur Seite. Dann funktioniert es auf einmal und die Kutscher können ganz zivilisiert vorbeifahren. Das Beste dran: der Weg ist entspannt und die Mystik des Siq ist wieder zu spüren...

 

Perspektivenwechsel – aber nur mit Profil

Das Schatzhaus „Khazne al-Firaun“ ist gigantisch! Und eines muss man den alten Nabatäern lassen: Dramaturgisch - mindestens Hollywood-like - top inszeniert: Denn kurz vor dem Schatzhaus verengt sich der Siq und man sieht erst nur einen Teil der Fassade. Langsam öffnet sich das Tal und man steht vor dem riesigen Schatzhaus (43 Meter hoch) das in einem Stück in den roten Felsen gehauen wurde. Wann es genau entstanden ist (irgendwann v. Chr.) und ob es wirklich das Grabhaus eines nabatäischen Königs war, ist bis heute noch wissenschaftlich eindeutig geklärt.

 

Um das Schatzhaus auch von oben zu sehen, muss man an den Königsgräbern vorbei, den Berg „Jabel Al-Khubtha“ hoch. Hier gibt es Stufen. Sieht recht locker aus... also trau ich mich mit meinen offenen Birkenstockschuhen (kleiner Unfall vor dem Urlaub, der verhindert, dass ich geschlossene Schuhe tragen kann). Irgendwann sind die Stufen so ausgewaschen, dass sie zu einer glatten Fläche verschmolzen sind. Darauf liegt der allgegenwärtige Sand. „Das geht schon“, meint Chris – und weiter geht’s. Wenn ich nicht grade in meinen Schuhen von den Steinen rutsche, dann rutsche ich aus meinen Schuhen. Irgendwann ist es zu blöd, einfach umzudrehen. Doch das letzte Drittel hat es in sich. Jetzt geht es über Geröll und Felsen.


 

Doch irgendwann taucht das Beduinenzelt auf, das der kleinen Aussichtsplattform Schatten spendet. Der Blick ist einfach Wahnsinn! Wir sind die Einzigen hier, außer dem Beduinen, der das Ganze bewacht und natürlich auch kalte Getränke verkauft.



T ipp: Das Schatzhaus von oben ist gigantisch, aber nicht in offenen Schuhen (geht auch – ist aber kein Spaß). Der Spaßfaktor wird eindeutig erhöht, trägt man Schuhe mit festem Profil. Den zweiten Tipp, möglichst am frühen Morgen hochgehen, kann man gelöst vergessen. Den haben alle, die wir getroffen haben, auch nicht beherzigt... Trotz guter Vorsätze. Denn sogar, wenn man schon morgens früh in Petra ist, vertrödelt man die Zeit im Siq, beim Schatzhaus, bei den Gräbern, dem Theater...


 

Das Kloster Ad Deir – nicht zu jeder Tageszeit

Chris will zum Kloster Ad Deir. Über 800 Stufen im fragwürdigen Zustand. Ambitioniert... allerdings für Menschen in Birkenstockschuhen: No way! Also muss Chris da alleine hoch. Nachdem er die „lame duck“ (also mich) losgeworden ist, gibt er Gas. Durch den Siq, am Schatzhaus und Amphitheater, über die Königsgräber, ins Tal der Tempel. 45 Minuten braucht er bis zum Fuß der 800 Stufen. Rekordverdächtig, also hat sich das Sportstudio doch gelohnt.

Wir hatten von anderen Touristen gehört, dass man für den Aufstieg zum Kloster mindestens 45 Minuten einplanen sollte. Dabei gilt es nicht nur steile, teilweise nicht mehr vorhandene Stufen zu überwinden, sondern muss auch noch an den Eselsführern vorbei. Die wollen einem natürlich einen Ritt aufschwatzen. Mein „Reinhold Messner“ findet Eselreiten läppisch (auch mit Hinblick auf die Tierquälerei) und saust weiter die Stufen hoch. Wobei „saust“ mit zunehmender Höhe eher durch „schleppt sich“ ersetzt werden kann. Irgendwann fangen die die Souvenirverkäuferinnen an, ihn mit „Es ist nicht mehr weit“ zu begrüßen. Eine sehr subjektive Einschätzung, die ihn irgendwann etwas ankotzt. Doch dann, nach einer gefühlten Ewigkeit öffnet sich die Schlucht. Das Kloster Ad Deir erscheint im Abendlicht. Nach 32 Minuten! Auch wenn 32 Minuten kein Maß sein soll...

T ipp für den Aufstieg zum Kloster Ad Deir: Die beste Zeit ist definitiv nachmittags. Dann liegt der Weg im Schatten. Und das Kloster im (abendlichen) Sonnenlicht. Letzteres ist vor allem für Fotografen ein Highlight.

 

 

Beduinen, Händler, Kutscher – nicht immer ein gutes Geschäft

Ja es nervt. Auch wenn die Jordanier wesentlich zurückhaltender sind und man nicht den Spießrutenlauf wie in anderen arabischen Ländern absolvieren muss, geht einem die häufige Fragerei nach Kutschfahrten, Pferde-, Esel- und Kamelritten etwas auf den Keks. Trotzdem sind wir erstaunt, wie nett alle sind, auch wenn wir nichts kaufen (oder irgendworauf reiten wollen). Mit einem Lächeln und einer Ablehnung schaffen wir es bei den Beduinen (die übrigens fast alle aussehen wie eine dunklere Version von Jack Sparrow aus „Fluch der Karibik“) zumindest zu einem netten Smalltalk. Und klar, einige versuchen es mit Touri-Preisen. Als wir in einem der Restaurants für unsere Coke 2 JD bezahlen sollen, beschwert sich Chris, dass er am Vortag nur 1 JD bezahlt habe. „Okay, dann bezahl nur 1 JD“ und das Problem ist gelöst. Allerdings ist die Logik auch andersrum unbestechlich: Als mir ein Händler „3 original Silberarmreifen“ für 5 JD verkaufen will, beschwere ich mich, dass es für diesen Preis kein Silber sein könne. Sieht er sofort ein und hat die offensichtliche Lösung parat: “Dann machen wir einfach 10 JD für die drei Armreifen...“

Immer wieder bin ich erstaunt über die Freundlichkeit. Als Chris beim Kloster Ad Deir ist, sitze ich am Schatzhaus und schreibe meine Eindrücke auf. Natürlich werde ich von ein paar Jungs gefragt, was ich tue. Als ich es erkläre, wollen Sie helfen. Schwierig. Okay, dann werde ich eben mit Tee versorgt und alle passen auf, dass ich Zeit und Muße zum Schreiben habe.


 

Die beste Reisezeit – ist jetzt

In Reiseführern werden meistens Frühjahr und Herbst als optimale Reisezeit genannt. Wir waren jetzt zweimal im September in Petra. Doch weniger die Jahreszeit, als der richtige Zeitpunkt sollte ein Kriterium für die Reise sein. Vor dem Beginn des IS-Terrors im Nahen Osten, schoben sich wohl täglich bis zu 5.000 Besucher durch den Siq. Wir hatten teilweise die Schlucht für uns alleine. Natürlich gibt es auch Reisegruppen, aber alles in Maßen. Das heißt: Wer jetzt reist (das gilt sicherlich noch für die nächsten zwei Jahre), kann Petra genießen. Optimal, wenn man mindestens 2 Tage einplant.

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