... von den Englischkenntnissen der Jordanier dagegen einiges! Denn vor unserer Reise hatten gelesen, dass Jordaniens Hauptstadt ein Moloch mit ein paar historischen Sehenswürdigkeiten sein soll. Nicht sonderlich charmant, aber modern. Da angeblich Englisch "Verkehrssprache" ist, sollte das Land auch für den Nicht-Araber (oder arabisch sprechenden) ganz einfach zu bereisen sein. Erste Lektion: man darf nicht alles glauben, was man so liest...
Der erste Schock erwartet uns bei der Ankunft. Nicht etwa die Einreise oder die Visaformalitäten machen uns Probleme, sondern die Taxis. Da keiner unser Hotel zu kennen glaubt und auch niemand Englisch spricht, werden unsere Koffer völlig uncharmant wieder aus den Taxi ausgeladen. Und das Nachts um zwei Uhr. Na, herzlichen Dank! Nach langem hin und her, findet sich ein Taxifahrer, der uns mitnimmt. Cool, denn wir haben bereits über Google Maps die Adresse des Hotels herausgefunden. Sollte also alles kein Problem sein. Denken wir! Nicht bedacht (oder gewußt) haben wir, dass der Fahrer kein Englisch kann, sondern nur Arabisch spricht - wir allerdings nicht! Die lange, sehr lange Fahrt mit Suchen, Telefonieren, Englisch navigieren (zweckfrei), arabischen Flüchen (vermutet) findet ihr glückliches Ende am frühen Morgen - in unserem Hotel. In Ermangelung von Schlaf und weil es in Amman ja eh nicht viel zu sehen gibt, lassen wir es an unserem ersten Tag ruhig angehen. Nach einem ausgiebigen Frühstück spazieren wir schließlich in der Mittagshitze Richtung Downtown. Im alten Teil Ammans sollen die Sehenswürdigkeiten sein. Als wir ankommen sind wir „gar gekocht“.
Die Zitadelle liegt allerdings auf dem nächsten Hügel . Angeblich hat Amman 19 davon und laufen geht gar nicht mehr. Also ab ins Taxi. Chris winkt das erste heran. Fragt was es kostet. Und versteht nichts. Dem Taxifahrer geht es genauso. Darauf hat er offenbar keinen Bock – und fährt weg. Ähhh... what? Das geht uns noch zwei weitere Male so... Irgendwann nickt einer, als wir nach Englisch fragen, wir fahren los und er fragt „welches Hotel?“ Nee... Zitadelle. Mist. Er versteht uns AUCH nicht. Entnervt hält er an und .... Nein, unter gar keinen Umständen verlassen wir dieses Taxi! Chris zeigt ihm die Zitadelle auf Google Maps. Guter Plan, Fehler im Detail: die Araber haben ja auch andere Buchstaben. Nochmal Mist! Bevor er uns rausschmeißt, zeigen wir ihm die Karte mit gezeichneten Sehenswürdigkeiten. Das klappt. Hoffen wir. Doch nach einigem Geschiebe und Gehupe durch den unfassbaren Verkehr (zum Glück müssen wir nicht selber fahren!), kommen wir tatsächlich an.
Der Blick von der Zitadelle über Amman ist ein Traum. Jetzt bekommt man ein Gefühl wie groß die Stadt eigentlich ist. Die heutige Hauptstadt hatte im Jahr 1900 nur 2.000 Einwohner, durch verschiedene Flüchtlingsströme aus dem Dauerkrisengebiet Naher Osten, ist Amman heute auf über 4 Mio. Einwohner angewachsen. Und nicht nur das: Die Stadt hat 1,5 Mio. Jahre Geschichte zu bieten. Und die befindet sich auf dem Zitadellenhügel. Auch wenn es hauptsächlich Ruinen sind, so sind zumindest wir ziemlich beeindruckt. Und verbringen geschlagene drei Stunden zwischen Herkulestempel, Palast, Museum, Zisterne und immer wieder dem gigantischen Blick auf das Häusermeer der „Weißen Stadt“.
Langsam dämmert uns, dass Amman doch mehr zu bieten hat. Und das wollen wir in den letzten verbleibenden Stunden sehen. Ab zum nächsten Taxi. Okay, die ersten beiden verstehen mal wieder kein Englisch ... doch der dritte Fahrer ist immerhin der erste Beleg, dass Englisch doch „Verkehrssprache“ sein kann. Wir verhandeln einen immer noch zu hohen Preis (aber die nette Unterhaltung ist es im nachhinein wert) und ab geht es zur King Abdullah-Moschee. Die ist zwar nicht wirklich alt (erbaut 1986), aber man darf sie auch als Nicht-Moslem besuchen. Dazu werden wir in schwarze Überzieher gezwängt (in denen ist es mal so richtig warm) und ich muss ein Kopftuch tragen. Aber das ist es uns wert. Mir weil ich in die Moschee darf – und Chris damit er völlig überflüssige Fotos von meinem unvorteilhaften Outfit machen kann.
Amro, unser Taxifahrer hat zwischenzeitlich auf uns gewartet und fährt uns zum römischen Theater, das von Kaiser Antonius Pius ca. 161 n. Chr. erbaut wurde. Zunächst macht er einen kurzen Stopp, damit wir uns das Ganze von oben anschauen können – wohl auch als kleine Entschädigung, weil er wohl wusste, dass das Theater bereits geschlossen ist, wenn wir ankommen.
Aber das macht eigentlich nichts. Denn das Treiben auf dem Vorplatz ist der Hammer! Hier trifft sich offenbar halb Amman zum „get togehter“. Irgendwie erinnert das Ganze ein wenig an den berühmten Gauklerplatz in Marrakesch (Djemaa el Fna)... nur dass einem hier keiner was andrehen will, die Menschen (äußerst) freundlich sind und wir uns hier willkommen fühlen. Was sollen wir sagen: Amman hat unser Herz erobert! Wir hatten viel zu wenig Zeit, wir hätten noch viel mehr sehen können.
Aber eines wissen wir bereits: Man kann von dieser Stadt unendlich viel erwarten... okay, eines vielleicht nicht: Englisch... aber das wird durch Kreativität und Charme wieder wettgemacht.